Art. 48 [Religionsfreiheit]
(1) Ungestörte und öffentliche Religionsübung und die Freiheit der Vereinigung zu Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften werden gewährleistet.
(2) Niemand darf gezwungen oder gehindert werden, an einer kirchlichen Handlung oder Feierlichkeit oder religiösen Übung teilzunehmen oder eine religiöse Eidesformel zu benutzen.
(3) Es besteht keine Staatskirche.
Art. 49 [Selbständigkeit der Kirchen und Religionsgemeinschaften]
Jede Kirche, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für jedermann geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.
Art. 50 [Abgrenzung von Staat und Kirche]
(1) Es ist Aufgabe von Gesetz oder Vereinbarung, die staatlichen und kirchlichen Bereiche klar gegeneinander abzugrenzen.
(2) Die Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften haben sich, wie der Staat, jeder Einmischung in die Angelegenheiten des anderen Teiles zu enthalten.
Art. 51 [Kirchen und Religionsgemeinschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechts]
(1) Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechts, soweit sie solche bisher waren. Andere Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften kann auf Antrag die gleiche Rechtsstellung verliehen werden, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl der Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten.
(2) Der Zusammenschluss von Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften unterliegt keinen Beschränkungen. Der aus mehreren öffentlich-rechtlichen Gemeinschaften gebildete Verband ist auch eine Körperschaft des öffentlichen Rechts.
(3) Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, können nach näherer gesetzlicher Regelung auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten Steuern erheben.
Art. 52 [Staatsleistungen]
Die auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhenden Staatsleistungen an die Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften werden im Wege der Gesetzgebung abgelöst.
Art. 53 [Schutz der Feiertage]
Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt.
Art. 54 [Anstaltsseelsorge]
Soweit das Bedürfnis nach Gottesdienst und Seelsorge in Krankenhäusern, Strafanstalten und sonstigen öffentlichen Anstalten besteht, sind die Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften zu religiösen Handlungen zugelassen. Dabei hat jeder Zwang zu unterbleiben.
Art. 55 [Jugenderziehung]
Die Erziehung der Jugend zu Gemeinsinn und zu leiblicher, geistiger und seelischer Tüchtigkeit ist Recht und Pflicht der Eltern. Dieses Recht kann nur durch Richterspruch nach Maßgabe der Gesetze entzogen werden.
Art. 56 [Schulpflicht, Gemeinschaftsschule, Erziehungsziele]
(1) Es besteht allgemeine Schulpflicht. Das Schulwesen ist Sache des Staates. Die Schulaufsicht wird hauptamtlich durch Fachkräfte ausgeübt.
(2) An allen hessischen Schulen werden die Kinder aller religiösen Bekenntnisse und Weltanschauungen in der Regel gemeinsam erzogen (Gemeinschaftsschule).
(3) Grundsatz eines jeden Unterrichts muss die Duldsamkeit sein. Der Lehrer hat in jedem Fach auf die religiösen und weltanschaulichen Empfindungen Rücksicht zu nehmen und die religiösen und weltanschaulichen Auffassungen sachlich darzulegen.
(4) Ziel der Erziehung ist, den jungen Menschen zur sittlichen Persönlichkeit zu bilden, seine berufliche Tätigkeit und die politische Verantwortung vorzubereiten zum selbständigen und verantwortlichen Dienst am Volk und der Menschheit durch Ehrfurcht und Nächstenliebe, Achtung und Duldsamkeit, Rechtlichkeit und Wahrhaftigkeit.
(5) Der Geschichtsunterricht muss auf getreue, unverfälschte Darstellung der Vergangenheit gerichtet sein. Dabei sind in den Vordergrund zu stellen die großen Wohltäter der Menschheit, die Entwicklung von Staat, Wirtschaft, Zivilisation und Kultur, nicht aber Feldherren, Kriege und Schlachten. Nicht zu dulden sind Auffassungen, welche die Grundlagen des demokratischen Staates gefährden.
(6) Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, die Gestaltung des Unterrichtswesens mitzubestimmen, soweit die Grundsätze der Absätze 2 bis 5 nicht verletzt werden.
(7) Das Nähere regelt das Gesetz. Es muss Vorkehrungen dagegen treffen, dass in der Schule die religiösen und weltanschaulichen Grundsätze verletzt werden, nach denen die Erziehungs-berechtigten ihre Kinder erzogen haben wollen.
Art. 57 [Religionsunterricht]
(1) Der Religionsunterricht ist ordentliches Lehrfach. Der Lehrer ist im Religionsunterricht unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechts an die Lehren und die Ordnungen seiner Kirche oder Religionsgemeinschaft gebunden.
(2) Diese Bestimmungen sind sinngemäß auf die Weltanschauungsgemeinschaften anzuwenden. Art. 58 [Teilnahme am Religionsunterricht] Über die Teilnahme des Kindes am Religionsunterricht bestimmt der Erziehungsberechtigte. Kein Lehrer kann verpflichtet oder gehindert werden, Religionsunterricht zu erteilen.
Hessisches Schulgesetz I. d.F. vom 2. August 2002 (GVBl. I S. 465) geändert durch Gesetz vom 18. Oktober 2004 (GVBl. I S. 306) und vom 29. November 2004 (GVBl. I S. 330, 351)
§ 8 Religionsunterricht und Ethikunterricht
(1) Religion ist ordentliches Unterrichtsfach. Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechts wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Kirchen oder Religionsgemeinschaften erteilt. Die Kirchen oder Religionsgemeinschaften können sich durch Beauftragte vergewissern, dass der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grunds-ätzen ihres Bekenntnisses erteilt wird.
(2) Keine Lehrerin und kein Lehrer kann verpflichtet oder, die Befähigung vorausgesetzt, gehindert werden, Religionsunterricht zu erteilen.
(3) Eine Abmeldung vom Religionsunterricht ist möglich. Hierüber entscheiden die Eltern, nach Vollendung des 14. Lebensjahres die Schülerinnen und Schüler.
(4) Die Schülerinnen und Schüler, die am Religionsunterricht nicht teilnehmen, sind verpflichtet, an einem Ethikunterricht teilzunehmen, in dem ihnen das Verständnis für Wertvorstellun-gen und ethische Grundsätze und der Zugang zu ethischen, philosophischen und religionskundlichen Fragen vermittelt wird. Schülerinnen und Schüler verschiedener Schulen, Schul-formen und Schulstufen können dabei zu einer pädagogisch vertretbaren Lerngruppe zusammengefasst werden.
(5) Die Einführung und Ausgestaltung des Ethikunterrichts wird durch Rechtsverordnung näher geregelt; dabei kann auch vorgesehen werden, Ethikunterricht schrittweise für einzelne Schulen einzuführen.
Erlass des Hessischen Kultusministeriums zum Religionsunterricht vom 5. November 2009
Abschnitt III:
1. Religionsunterricht kann erteilt werden von:
a) Lehrerinnen und Lehrern, die durch die Ablegung einer staatlichen Prüfung die Befähigung zum Unterricht in diesem Fach nachgewiesen haben und eine Bevollmächtigung der Kirche oder Religionsgemeinschaft besitzen,
b) Geistlichen und diesen entsprechenden Amtsträgerinnen und Amtsträgern von Kirchen und Religionsgemeinschaften,
c) Personen, denen die jeweilige Kirche oder Religionsgemeinschaft die Befähigung zur Erteilung von Religionsunterricht zuerkannt hat und denen eine Unterrichtserlaubnis erteilt wurde, in den Schulstufen und Schulformen, auf die sich die kirchliche Zuerkennung und die Unterrichtserlaubnis erstrecken.
2. Wird eine Bevollmächtigung von der Kirche oder Religionsgemeinschaft widerrufen, endet die Berechtigung, Religionsunterricht zu erteilen. Die Lehrerin oder der Lehrer hat von einem Widerruf der Bevollmächtigung unverzüglich die Schulleitung zu unterrichten. Über die Erteilung und den Widerruf von Bevollmächtigungen sowie über Bevollmächtigungen von Lehrerinnen und Lehrern, denen außerhessische Kirchen, Diözesen oder Religionsgemeinschaften eine Bevollmächtigung erteilt haben, informieren sich die Kirchen und Religionsgemeinschaften und die Staatlichen Schulämter gegenseitig und veranlassen das Erforderliche.