Diese Rechtsprechungsübersicht erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Vielmehr geht es hier darum, einschlägige Gerichtsentscheidungen zu wichtigen Rechtsfragen zu dokumentieren, die unter Ausschöpfung des Rechtsweges zustande gekommen sind. Dabei ist zu beachten, dass die Kultushoheit gem. Art. 70 GG bei den Ländern liegt und insofern auch die Reichweite der Entscheidungen zunächst auf das betreffende Bundesland begrenzt ist. Das gilt um so mehr, wenn in den Verfahren landesrechtliche Bestimmungen zugrunde gelegt und überprüft worden sind.
Mit dieser Frage hatte sich 2022 der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (in Mannheim) zu befassen. Eine private Ersatzschule hatte gegen die Versorgung der Anerkennung durch das Land geklagt, Weil die Schule keinen Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach anbietet. In seiner Entscheidung bezieht sich das Gericht auf eine Auslegung von § 10 Privatschulgesetz Baden-Württemberg (PSchG BW). Danach ist es für die Anerkennung als Ersatzschule nicht erforderlich, Religionsunterricht anzubieten. Auch ohne dieses Lehrangebot stünden Ersatzschulen nicht hinter den Lehrzielen der öffentlichen Schulen zurück. Lediglich für öffentliche Schulen schreibe Art. 18 Satz 1 LV bzw. Art. 7 Abs. 3 Satz 1 GG den Religionsunterricht verbindlich vor. Demgegenüber hat das Land den Religionsunterricht als eine Voraussetzung für die Verleihung des privaten Ersatzschulstatus gefordert. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH BW),Urt. v. 09.05.2022, Az. 9 S 994/21: https://www.landesrecht-bw.de/bsbw/document/NJRE001506686.
Diese Entscheidung steht nicht für sich alleine. Sie bezieht sich auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2019 (BVerwG 6 B 141.18). In diesem Fall ging es um ein in freier Trägerschaft stehendes Berufskolleg, das ich nicht verpflichtet sah Religionsunterricht anzubieten. Das das Anbieten beziehungsweise Abhalten von Religionsunterricht ist nicht Voraussetzung der staatlichen Anerkennung gemäß § 10 des baden-württembergischen Privatschulgesetzes (PSchG). Das Gericht entschied wie folgt: Für das verfassungsrechtlich erforderliche Minimum an schulisch betriebener Wertevermittlung bedarf es weder des Religionsunterrichts noch überhaupt eines gesonderten Unterrichtsfachs. Für die Behandlung ethischer Fragen eignen sich vielmehr auch andere Fächer wie etwa Deutsch oder Gemeinschaftskunde (BVerwG, Urteile vom 17. Juni 1998 - 6 C 11.97 - BVerwGE 107, 75 <79 f.> und vom 16. April 2014 - 6 C 11.13 - Buchholz 421.10 Schulrecht Nr. 7 Rn. 16). Siehe: Beschluss vom 29.04.2019 - BVerwG 6 B 141.18https://www.bverwg.de/de/290419B6B141.18.0.
Das Oberverwaltungsgericht NRW (Münster) hatte über eine Beschwerde konfessionsloser Eltern zu entscheiden, deren ebenfalls konfessionsloses Kind aus Kapazitätsgründen nicht in eine Bekenntnisschule aufgenommen wurde. Die Antragsteller argumentierten damit, dass es der Gleichbehandlungsanspruch fordere, nicht bekenntnisangehörige Kinder mit den bekenntnisangehörigen gleichzustellen. Das OVG entschied, dass dieser Anspruch nicht bestehe. Hingegen ist der landesverfassungsrechtliche Vorrang bekenntnisangehöriger Kinder beim Zugang zu Bekenntnisschulen mit Bundesrecht vereinbar (Art. 31 GG). In dem Vorrang formell bekenntnisangehöriger Kinder beim Zugang zu Bekenntnisschulen liegt eine Bevorzugung im Sinn dieser Verfassungsnorm, die unter dem Gesichtspunkt der Einheit der Verfassung durch kollidierendes Verfassungsrecht gerechtfertigt ist. Indem Art. 7 Abs. 5 GG öffentliche Bekenntnisschulen erwähnt, setzt die Vorschrift die rechtliche Zulässigkeit derartiger, von der Homogenität des Bekenntnisses geprägter Schulen voraus. Siehe: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 03.08.2021 - 19 B 1095/21, https://openjur.de/u/2348441.html.
In Zeiten immer geringer werdender kirchlicher Bindung stellt sich die Frage, welche Kriterien anzulegen sind, damit eine Schule ihren Charakter als Bekenntnisschule aufrechterhält. Über diese Frage hatten die Gerichte in Nordrhein-Westfalen zu entscheiden. Im Jahr 2008 entschied das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, im Zusammenhang mit der Auflösung einer nur einzügig zu betreibenden katholischen Schule, dass ein Prozentsatz von nur 33% aufgrund von SchG-NRW § 27 für plausibel gehalten, wird um eine Konfessionsschule mangels Bekenntnischarakter rechtmäßig aufzulösen (9.5.2008, VG Gelsenkirchen, 4 L 1143/07). Sieben Jahre später sah das VG Aachen dieses Kriterium nicht mehr als allein ausreichend an. Es entschied: „Eine bestehende Bekenntnisschule verliert diese rechtliche Eigenschaft nämlich nicht allein dadurch, dass die Zahl der Schüler des entsprechenden Bekenntnisses an dieser Schule deutlich absinkt, sondern nur durch eine Änderung der Schulart nach § 81 Abs. 2 SchulG NRW.” (VG Aachen, VG Aachen, 11.08.2015 - 9 L 661/15) https://nrwe.justiz.nrw.de/ovgs/vg_gelsenkirchen/j2008/4_L_1143_07beschluss20080509.html.
Im Jahr 2014 hatte das Bundesverwaltungsgericht letztinstanzlich zu entscheiden, ob es in Grundschulen eine Rechtspflicht zur Einrichtung von Ethikunterricht neben dem bestehenden konfessionsgebundenen Religionsunterricht gebe. Der hier dokumentierten Entscheidung liegen zwei vorinstanzlich erfolglose Verfahren in derselben Sache zugrunde, in der die alleinsorgeberechtigte Mutter dreier nicht konfessionsgebundener Söhne vom Land Baden-Württemberg die Einrichtung dieses Unterrichts forderte (VG Freiburg - 21.09.2011 - AZ: VG 2 K 638/10 VGH Mannheim - 23.01.2013 - AZ: VGH 9 S 2180/12). Zur Begründung trug die Klägerin vor, dass bei Fehlen eines schulfachlich verselbständigten Ethikunterrichts die ethisch-moralische Bildung konfessionsloser Schüler nicht hinreichend gesichert sei. Das BVerwG folgte dieser Ansicht nicht. Dem Staat verbleibt bei Festlegung des schulischen Bildungs- und Erziehungsprogramms - dem Kernbereich seiner Schulgestaltungsmacht - Gestaltungsfreiheit. Namentlich können Eltern nach übereinstimmender Rechtsauffassung nicht die Einrichtung bestimmter Schulfächer verlangen. Unabhängig vom jeweiligen Unterrichtsstoff ist davon auszugehen, dass die Schüler im Schulalltag, unter den Zwängen des schulischen Gemeinschaftslebens, auf vielfältige Weise mit ethisch fundierten Verhaltens- und Einstellungsgeboten konfrontiert werden und sie auf diese Weise verinnerlichen. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs im angefochtenen Urteil ist im Land Baden-Württemberg die ethisch-moralische Bildung sowohl der konfessionsgebundenen als auch der konfessionslosen Schüler in diesem Sinne gewährleistet. Ein Anspruch auf Einrichtung des Fachs Ethik in den Grundschulklassen ergibt sich nicht aus Art. 7 Abs. 3 Satz 1 GG, denn diese Norm trifft nicht die Regelungsaussage, dass der Staat zur moralisch-ethischen Erziehung der Kinder im Rahmen eines gesonderten Schulfachs verpflichtet wäre und dieser Verpflichtung mit Blick auf die mittlerweile festzustellende Abnahme religiöser Bindungen durch zusätzliche Einrichtung eines nicht-konfessionell orientierten Ersatzfaches für das Fach Religion nachzukommen hätte. Siehe die vollständige Entscheidung: BVerwG Urteil vom 16.04.2014 - BVerwG 6 C 11.13, https://www.bverwg.de/160414U6C11.13.0
Das Bundesverfassungsgericht hatte über das Schulgesetz des Landes Berlin von 2004 zu entscheiden. Dieses sieht in § 12 Abs. 6 S. 1 vor, dass in den Jahrgangsstufen 7 bis 10 der öffentlichen Schulen das Fach Ethik ordentliches Lehrfach für alle Schüler*innen ist und dafür keine Abmeldemöglichkeit besteht. Schüler*innen haben darüber hinaus die Möglichkeit gem. § 13 SchulG-B zusätzlich konfessionsgebundenen Religionsunterricht zu besuchen, der von den Religionsgemeinschaften in den Räumen der Schule veranstaltet wird. Die Beschwerdeführer sahen in dieser Regelung einen Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1, Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 sowie Art. 6 Abs. 2 GG. Die Einführung eines Ethikunterrichts als Pflichtfach ohne Abmeldemöglichkeit erschwere den Zugang zum Religionsunterricht. Indem der Schülerin - ohne sachlichen Grund - keine Wahlmöglichkeit zwischen Ethik- und Religionsunterricht eingeräumt werde, sei sie einer Mehrbelastung ausgesetzt und befinde sich damit in einer Zwangslage. Das Gericht ist der Rechtsauffassung der Beschwerdeführer nicht gefolgt. Demgegenüber nimmt das Gericht an, dass der Landesgesetzgeber die Freiheit habe ein Pflichtfachethik einzuführen. Es sei ihm im Rahmen seines die Gesamtheit der staatlichen Befugnisse zur Organisation, Leitung und Planung des Schulwesens umfassenden Auftrags (Art. 7 Abs. 1 GG) grundsätzlich unbenommen, religiös gebundenen - auch unterschiedlichen Religionsgemeinschaften angehörenden - und religiös nicht gebundenen Schülern eine gemeinsame Wertebasis in einem gemeinsamen Unterricht zu vermitteln und dort auch die Lehren jeweils anderer Religionen und Philosophien darzustellen. Dadurch würde die Glaubensfreiheit der Beschwerdeführer nicht verletzt. Die Auseinandersetzung mit anderen Religionen und Weltanschauungen im Ethikunterricht seien ihr zumutbar. Der Ethikunterricht in Berlin bietet nach der sich aus dem Gesetz und dem Lehrplan ergebenden Konzeption keine Anhaltspunkte dafür, dass er nicht religiös und weltanschaulich neutral wäre. Im Schulgesetz ist das auch ausdrücklich geregelt (§ 12 Abs. 6 Satz 6 SchulG). Siehe den Volltext dieser Entscheidung: https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2007/03/rk20070315_1bvr278006.html
Im Jahr 1996 wurde das Schulfach LER im Land Brandenburg als allgemeinbildendes ordentliches Schulfach für Schülerinnen und Schüler aller Klassen 7-10 durch das Schulgesetz von 1996 rechtsverbindlich eingeführt. 44 brandenburgische Schulen erprobten zwischen 1992 und 1995 in einem wissenschaftlich begleiteten Modellversuch das neue Schulfach. Gem. § 11 Abs. 3 SchG-Bbg wird das Unterrichtsfach „bekenntnisfrei, religiös und weltanschaulich neutral unterrichtet“. Es ist Pflichtfach für alle Schülerinnen und Schüler, allerdings mit der Möglichkeit sich zugunsten eines bekenntnisgebundenen Religionsunterrichts abzumelden. Die Kirchen hielten diese Regelung nicht für vereinbar mit Art. 141 GG und 7 Abs. 3 GG, der die nach 1949 errichteten Länder bindet. Das Land Brandenburg hatte eine gegenteilige Rechtsauffassung und sah sich in der Rechtsnachfolge der preußischen Mark Brandenburg und daher an die angezogene Bestimmung nicht gebunden. Die Kirchen reichten 1996 Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein. Im Dezember 2001 legte das Bundesverfassungsgericht einen Vergleichsvorschlag vor, dem die Streitparteien zustimmten. Dieser Vorschlag bestätigt den bisherigen Status des LER als Pflichtfach sowie den des Religionsunterrichts, einschließlich der angesprochenen Abmeldemodalitäten. Das BVerfG geht in seinem Vergleichsvorschlag nicht auf die entscheidende Rechtsfrage aus Art. 141 GG ein (BVerfG, 1 BvF 1/96 vom 31. Oktober 2002). Siehe die Entscheidung im Volltext: https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2002/10/fs20021031_1bvf000196.html
Im Jahr 2011 hatte das Bundesverwaltungsgericht über die Möglichkeiten und Grenzen des privaten Gebets von Schüler*innen in Unterrichtspausen auf dem Schulgelände zu entscheiden. Das Urteil zeichnet sich durch einen hohen Differenzierungsgrad bezüglich der abzuwägenden Rechtsgüter aus den Art. 4, 6 und 7 GG aus. Dem Rechtstreit aus dem Jahr 2007 lag ein Fall zugrunde, in dem muslimischen Schülern von einer öffentlichen Schule verboten worden war solche Gebete zu den für sie religiös verbindlichen Zeiten abzuhalten. Nachdem das Verwaltungsgericht Berlin in 1. Instanz dem Kläger dieses Recht mit Blick auf Art. 4 Abs. 1 GG zugesprochen hatte, unterlag er in 2. Instanz mit der Begründung, dass das Recht zum Gebet sich grundsätzlich aus Art. 4 GG ergebe und es diesbezüglich eine Duldungspflicht durch die Schulgemeinschaft ergebe, die lediglich durch die Störung des Schulfriedens begrenzt sei. Dieses sei ein Gut von Verfassungsrang, weil der staatliche Bildungs- und Erziehungsauftrag gemäß Art. 7 Abs. 1 GG die Wahrung des Schulfriedens voraussetze, der auch durch religiös motiviertes Verhalten beeinträchtigt sein könne. Es sei der Schulverwaltung aber grundsätzlich verwehrt, ohne Rücksicht auf die konkrete Gefährdung des Schulfriedens im Einzelfall bereits vorbeugend die Verrichtung von Gebeten oder andere kultische Handlungen zu verbieten. Im konkreten Fall hielt das BVerwG das Verbot an einem Berliner Gymnasium, auf dem Schulgelände rituelle Gebete zu verrichten, allerdings für rechtmäßig, weil es schon bisher aufgrund der heterogenen Zusammensetzung der Schülerschaft zu Konflikten gekommen ist, die den Schulfrieden gefährdet haben (BVerwG, 30.11.2011 - 6 C 20.10.). Siehe auch den Volltext dieser Entscheidung: https://www.jstor.org/stable/41543452.
Das Bundesverfassungsgericht hatte sich im Jahr 1978/79 mit der Frage zu befassen, ob ein allgemeines überkonfessionelles Schulgebet an bekenntnisfreien Schulen außerhalb des Religionsunterrichts zulässig sei. Dazu hat das Gericht einen Rahmen bestimmt, innerhalb dessen eine derartige Veranstaltung stattfinden darf. Es entschied, dass es den Ländern im Rahmen der durch Artikel 7 Abs. 1 GG gewährleisteten Schulhoheit freisteht, ob sie in Gemeinschaftsschulen ein freiwilliges überkonfessionelles Schulgebet außerhalb des Religionsunterrichts zulassen. Das Schulgebet ist verfassungsrechtlich auch unbedenklich, wenn ein Schüler oder eine Schülerin oder die Eltern der Abhaltung des Gebets widersprechen. Deren Grundrecht auf negative Bekenntnisfreiheit wird nicht verletzt, wenn sie frei und ohne Zwänge über die Teilnahme am Gebet entscheiden können (Beschluss des Ersten Senats vom 16. Oktober 1979 (– 1 BvR 647/70 und 7/74 – BVerfGE 52, 223). Zum Volltext der Entscheidung: https://www.servat.unibe.ch/dfr/bv052223.html
Bei dem nachstehenden Urteil handelt es sich um eine der wichtigsten Grundsatzentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zum Thema Religionsunterricht. Es wird in unterschiedlichen Zusammenhängen vor allem mit der nachstehenden deklaratorischen Passage häufig zitiert. In der konkreten Verfassungsbeschwerde ging es aber eigentlich nicht um das Wesen des Religionsunterrichts, sondern um die Frage, der Eltern zweier Töchter, die Mitglieder der katholischen Kirche waren, die jedoch am evangelischen Religionsunterricht teilnehmen wollten. Dazu bedurfte es jedoch einer verfassungsrechtlichen Vergewisserung über das, was aus verfassungsrechtlicher Perspektive der Religionsunterricht eigentlich ist.
“Es ist keine überkonfessionelle vergleichende Betrachtung religiöser Lehren, nicht bloße Morallehre, Sittenunterricht, historisierende und relativierende Religionskunde, Religions- oder Bibelgeschichte. Sein Gegenstand ist vielmehr der Bekenntnisinhalt, nämlich die Glaubenssätze der jeweiligen Religionsgemeinschaft. Diese als bestehende Wahrheiten zu vermitteln ist seine Aufgabe […]. Dafür, wie dies zu geschehen hat, sind grundsätzlich die Vorstellungen der Kirchen über Inhalt und Ziel der Lehrveranstaltung maßgeblich. Ändert sich deren Verständnis vom Religionsunterricht, muß der religiös neutrale Staat dies hinnehmen.“
Aus diesem Grund war es rechtlich nicht zu beanstanden, dass den katholischen Kindern im vorliegenden Fall die Teilnahme am evangelischen Religionsunterricht versagt wurde. Vor allem der letzte Satz der Entscheidung ist mit Blick auf die Frage von konfessioneller Kooperation und weitergehender ökumenischer sowie interreligiöser Zusammenarbeit von höchst aktueller Bedeutung. Im religionsneutralen Verfassungsstaat ist es Sache der Religionsgemeinschaften darüber zu entscheiden, wie sie Religionsunterricht veranstalten wollen. Der Staat kann das im Lichte von Art. 137 Abs. 1 WRV nicht bewerten. Daher sind auch Unterrichtsformen, wie nach dem sog. Hamburger Modell verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Siehe den Volltext der Entscheidung (BVerfG, Beschluss vom 25.02.1987, 1 BvR 47/84): bisher nur in Papierform veröffentlicht: BVerfGE 74, 244; NJW 1987, 1873.
Im Jahr 1957 hatte das Bundesverfassungsgericht über die Frage zu entscheiden ob die Bundesländer dem Bund gegenüber die Verpflichtung haben, die Schulbestimmung des Reichskonkordats von 1933 bei ihrer eigenen Gesetzgebung zu beachten (BVerfGE 6, 309). Im Kern ging es um eine Auseinandersetzung zwischen dem Bund und dem Land Niedersachen über das Schulgesetz von Niedersachsen (1954). Diese Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gilt einerseits als Grundlagenentscheidung im Hinblick auf die Fortgeltung des Reichskonkordats allgemein und andererseits bezüglich der Fortgeltung von Art 22 Reichskonkordat im Besonderen. Das Gericht entschied in Leitsatz 6 und 7 wie folgt:
„6. Art. 123 Abs. 2 GG bedeutet nicht, daß der Landesgesetzgeber verfassungsrechtlich an die Schulbestimmungen des Reichskonkordats gebunden ist, also kein entgegenstehendes Recht setzen darf. Art. 123 Abs. 2 GG sagt für die Schulbestimmungen des Reichskonkordats vielmehr nur aus, daß sie, sofern sie beim Inkrafttreten des Grundgesetzes noch galten, in Kraft bleiben, obwohl sie einem Vertrag entstammen, der nicht von den nunmehr zur Verfügung über den Gegenstand ausschließlich befugten Ländern geschlossen worden ist.
7. Der Annahme einer Pflicht der Länder dem Bund gegenüber, die Schulbestimmungen des Reichskonkordats bei ihrer Gesetzgebung zu beachten, stehen Grundentscheidungen des Grundgesetzes entgegen, die das Verhältnis von Bund und Ländern gerade in diesem Sachzusammenhang gestalten. Diese Grundentscheidungen sind in Art. 7, 30, 70 ff. GG getroffen. Sie erklären - im Gegensatz zur Weimarer Reichsverfassung - die Länder zu ausschließlichen Trägern der Kulturhoheit, die für den Bereich der bekenntnismäßigen Gestaltung des Schulwesens nur durch die Bestimmungen der Art. 7, 141 GG begrenzt ist.“
Siehe das Urteil im Volltext: https://opinioiuris.de/node/861/daten.